„Die kleinen Dinge sind das, was wirklich an mein Herz herankommt. Das war wohl schon immer so, aber wirklich bewusst ist mir das erst nach und nach geworden. Als Kinder ging es bei uns um die Natur, um das Einfache. Das haben wir von den Eltern mitbekommen. Wir haben mit der Mama Beeren gesammelt, waren mit dem Papa auf dem Feld und haben auf die Tiere geschaut. Wir hatten auch ein paar Zimmer zu vermieten und für uns war es herrlich, Gäste da zu haben. Sie haben einfach dazugehört, wir sind mit ihnen aufgewachsen. Sie waren zwei Wochen bei uns und gehörten einfach dazu.
Deshalb habe ich Hotelfachfrau gelernt, aber ich war schon immer auch sportlich und naturverbunden. So machte ich vor fast 20 Jahren die Bergwanderführerausbildung. Als ich meine ersten Führungen für den Naturpark machte, spürte ich sofort: Das ist meine Welt. Es ist ein wunderbares Gefühl, Menschen die Vielfalt und Besonderheiten des Ötztals näher bringen zu dürfen. Wenn man sie dazu bekommt, die Natur zu spüren – und dadurch auch sich. Wenn sie ihre Schuhe abstreifen und damit gleichzeitig ihre Hemmungen. Wenn sie barfuß über das Gras gehen oder in den See, dann sieht man in den Gesichtern, dass tief drinnen etwas passiert.
Mein Leitsatz dabei ist: Der erste Schritt jeder Wanderung muss gleich schnell sein wie der letzte Schritt. Oft müssen die Teilnehmer schon zu Anfang gebremst werden. Viele starten voll durch, müssen vielleicht erst die Hektik vom Alltag ablegen. Wenn die ganze Gruppe in einen Rhythmus kommt, dann kommt auch die Ruhe. Und erst mit der Ruhe kannst du dich auf die Natur einlassen. Eine Wanderung von A nach B gehen, das kann jeder. Aber die wahren Erlebnisse, die wirklich in dir bleiben, in die musst du hineinspüren.
Heute liegt meine Hauptaufgabe beim Naturpark Ötztal in der Umwelt- und Schulbildung. Bis zu 1000 Kinder aus dem Ötztal nehmen jährlich an unseren Kursen teil. Wir machen Kräuterkurse, Geologie-Führungen oder gehen mit Kescher, Mikroskop und Gummistiefel an den Piburger See. Ich denke, diese Erfahrungen sensibilisieren und prägen Kinder für ihr Leben. Sie können aber genauso Erwachsene wieder zu neugierigen, offenen Menschen machen.
In den letzten Jahren habe ich mit der Fotografie begonnen. Der wunderschöne Regentropfen an einem Spinnennetz, die Raupe beim Fressen der Brennnessel, die verspielten, jungen Murmeltiere – das sind ganz besondere Augenblicke, die auch immer wieder Überraschungen bergen. Sie kann man nicht planen. Man muss sie geschehen lassen. Und sich dann an ihrer wundersamen Schönheit erfreuen.“
Mein Spruch für das Gipfelbuch drückt das vielleicht ganz gut aus: „Nicht die Beine bringen mich ans Ziel, sondern mein Herz.“ Patrizia Plattner, Hotelfachfrau, Bergwander- und Naturparkführerin